Spinalkanalstenose – Wenn die Wirbelsäule enger wird

Schmerzen beim Gehen, Taubheit in den Beinen, das Bedürfnis, sich ständig nach vorne zu beugen: Die Spinalkanalstenose ist eine typische Alterserscheinung – aber alles andere als harmlos. Sie schränkt ein, macht unsicher und verändert die Haltung – körperlich und innerlich.

Was ist eine Spinalkanalstenose?

Bei der Spinalkanalstenose verengt sich der Wirbelkanal – dort, wo eigentlich Rückenmark und Nervenwurzeln gut geschützt ihren Weg durch die Wirbelsäule nehmen. Am häufigsten betroffen ist der Lendenwirbelsäulenbereich (LWS). Aber auch die Halswirbelsäule (HWS) kann betroffen sein.

Was führt zur Einengung?

  • Degenerative Veränderungen wie Bandscheibenverschleiß, Spondylophyten (Knochenanbauten), verdickte Ligamente oder arthrotisch veränderte Facettengelenke

  • Instabilität durch muskuläre Schwäche oder segmentale Fehlbelastungen

  • Postoperative oder posttraumatische Veränderungen

Das Ergebnis: Die Nervenwurzeln bekommen zu wenig Platz – es entsteht Druck, Entzündung, Reizung. Und das spürt man.

Typische Symptome – die "Schaufensterkrankheit des Rückens"

  • Schmerzen beim Gehen, v. a. bergab oder beim aufrechten Stehen

  • Besserung beim Sitzen oder beim Vorbeugen

  • Taubheitsgefühl, Kribbeln, Schwächegefühl in den Beinen

  • Manchmal auch Blasen- oder Darmfunktionsstörungen (Red Flag!)

Das klinische Bild ähnelt oft einer pAVK („Schaufensterkrankheit“), ist aber neurogen bedingt – also durch Nervenkompression und nicht durch Durchblutungsstörung verursacht.

Warum konservative Therapie oft sinnvoller ist als ein Skalpell

Natürlich gibt es operative Optionen – besonders bei ausgeprägten neurologischen Ausfällen. Aber: Nicht jede Einengung braucht eine Operation.

Viel häufiger profitieren Patient*innen von einem gezielten, individualisierten Therapiekonzept:

1. Aufklärung

Verstehen nimmt Druck. Wer weiß, dass das Vorbeugen zur Entlastung führt, nutzt es bewusst – ohne Angst. Edukation reduziert Schmerzvermeidung und Katastrophisieren.

2. Stabilisieren & Entlasten

Das Ziel: dynamische Stabilität aufbauen. Bauch- und Rückenmuskulatur kräftigen, Hüftbeuger dehnen, Bewegungsräume verbessern.

3. Gehen lernen – mit Strategie

Statt langen Gehstrecken: intermittierende Belastung, z. B. mit kurzen Pausen im Sitzen oder Vorbeugen. In der Therapie: Gehen üben, Belastbarkeit steigern, Gangbild analysieren.

4. Mobilisieren ohne zu reizen

Sanfte Mobilisation der Wirbelsäule, Faszienarbeit, Atembetonung. Ziel: Beweglichkeit erhalten, Schmerzen reduzieren, Nervengleiten fördern.

Was PatientInnen brauchen: Struktur, Geduld und gute Begleitung

Viele kommen mit Angst: „Mein Rücken ist kaputt“, „Ich darf mich nicht mehr bewegen“. Andere wurden schon operiert – und haben trotzdem Beschwerden. Wieder andere wollen „nur noch die Spritze“.

Therapie heißt hier: Hoffnung wecken ohne zu beschönigen. Orientierung geben, den Körper wieder spüren lassen – und Schritt für Schritt Vertrauen aufbauen.

Fazit für TherapeutInnen:

  • Die Spinalkanalstenose ist kein Operationsurteil, sondern ein Aufruf zur aktiven Begleitung.

  • Bewegungsfreude statt Schonhaltung.

  • Sicherheit vermitteln – durch Aufklärung, klare Übungen und realistische Ziele.

  • Therapie ist kein Sprint. Aber wer begleitet, statt belehrt, wird Fortschritte sehen.

Weiter
Weiter

Depression und Schmerz – wenn Körper und Seele gemeinsam leiden