CRPS – Schmerz, der sich verselbstständigt
Wie Physiotherapie und Ergotherapie beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom helfen können
CRPS – das komplexe regionale Schmerzsyndrom – ist eine seltene, aber äußerst belastende Schmerzerkrankung. Nach einer Verletzung, Operation oder Fraktur entwickelt sich ein überproportional starker Schmerz, oft begleitet von Schwellung, Temperaturveränderungen, Bewegungseinschränkungen und vegetativen Symptomen. Für viele Betroffene beginnt damit ein langer Leidensweg. Doch moderne Physio- und Ergotherapie können helfen – wenn sie frühzeitig, individuell und ganzheitlich ansetzen.
Was ist CRPS?
Das CRPS (ehemals „Morbus Sudeck“) ist eine Erkrankung des peripheren und zentralen Nervensystems. Es tritt häufig nach Trauma (z. B. Knochenbruch, Operation) auf – auch wenn die ursprüngliche Verletzung längst verheilt ist.
Typische Symptome:
starker, brennender, oft tiefer Schmerz, der nicht zur ursprünglichen Verletzung passt
Schwellung, Hautveränderungen, Temperaturdifferenzen
Überempfindlichkeit gegenüber Berührung, Kälte oder Bewegung (Allodynie)
Bewegungseinschränkung, Steifigkeit, Muskelschwund
Vegetative Veränderungen (z. B. Schwitzen, Haarwuchsveränderung, Verfärbungen)
psychische Belastung: Angst, Hilflosigkeit, depressive Verstimmungen
Es gibt zwei Formen:
CRPS Typ I (ohne direkte Nervenläsion)
CRPS Typ II (mit nachgewiesener Nervenverletzung)
Warum frühe und gezielte Therapie so entscheidend ist
CRPS ist keine psychosomatische Reaktion und kein "eingebildeter Schmerz" – sondern eine schwerwiegende neuroinflammatorische Störung mit zentralnervöser Beteiligung. Je früher die Diagnose gestellt wird und je koordinierter die Therapie erfolgt, desto besser sind die Heilungschancen.
Ziel der Behandlung ist nicht nur Schmerzlinderung – sondern die Wiederherstellung von Funktion, Teilhabe und Selbstwirksamkeit.
Physiotherapie – dosiert, sensibel, funktionell
Bei CRPS ist klassische Bewegungstherapie oft nicht einfach umzusetzen. Zu groß ist die Schmerzempfindlichkeit, zu komplex das vegetative Mitbeteiligtsein. Umso wichtiger ist ein erfahrener, feinfühliger physiotherapeutischer Ansatz.
Therapeutische Schwerpunkte:
Graduierte Bewegungstherapie: schrittweiser Belastungsaufbau ohne Schmerzprovokation
Desensibilisierung: über taktile Reize, thermische Reize, Spiegeltherapie
Sensomotorisches Training: zur Reorganisation gestörter Körperwahrnehmung
Atem-, Vagus- und Entspannungstechniken zur vegetativen Regulation
Medical Yoga bei CRPS: sanfte Aktivierung, Achtsamkeit, vegetative Stabilisierung
Prinzipien der Behandlung:
Nie gegen den Schmerz arbeiten – sondern mit dem Nervensystem kommunizieren.
Sicherheit und Kontrolle aufbauen – nicht Leistung fordern.
Ergotherapie – Teilhabe ermöglichen, Alltag zurückgewinnen
CRPS betrifft nicht nur Körperfunktionen – sondern den gesamten Alltag. Viele Betroffene ziehen sich zurück, meiden Bewegung, verlieren berufliche und soziale Funktionen. Hier setzt die Ergotherapie gezielt an.
Ergotherapeutische Maßnahmen:
Alltagsaktivitäten schrittweise wieder aufnehmen (z. B. Anziehen, Haushalt, Schreiben, Greifen)
Desensibilisierungsstrategien im häuslichen Kontext
Hilfsmittelanpassung und Arbeitsplatzberatung
Pacing, Energiehaushalt und Belastungsdosierung
Körperbildarbeit, kreative Techniken und Ressourcenaktivierung
Wichtig: Ergotherapie bietet nicht nur Techniken – sondern Raum für emotionale Verarbeitung, Selbstwahrnehmung und Handlungsfähigkeit.
Biopsychosoziales Schmerzverständnis – CRPS ganzheitlich behandeln
Bei Hockenholz arbeiten wir nach einem modernen Schmerzverständnis, das biologische, psychische und soziale Faktoren berücksichtigt. CRPS ist ein Paradebeispiel für zentrale Sensibilisierung, Dysregulation und Kontrollverlust – und genau hier setzt unsere Therapie an:
Verständnis schaffen: Was passiert im Nervensystem? Warum tut „Berührung“ weh?
Selbstwirksamkeit stärken: Kleine Erfolge sichtbar machen
Nervensystem regulieren: über Bewegung, Atmung, Beziehung
Teamarbeit fördern: Zusammenarbeit mit Schmerzmedizinerinnen, Psychotherapeutinnen, Hausärzt*innen
Fazit: CRPS braucht mehr als Standardtherapie – es braucht Kompetenz, Geduld und Empathie
CRPS ist eine komplexe, aber behandelbare Erkrankung. Je früher und differenzierter die konservative Therapie ansetzt, desto besser sind die Aussichten auf Besserung. Physiotherapie und Ergotherapie spielen dabei eine zentrale Rolle – als Teil eines interdisziplinären Konzepts, das den Menschen in seiner Ganzheit wahrnimmt.
Du bist Therapeutin und möchtest mehr über die Arbeit mit CRPS-Patientinnen erfahren?
Unsere Fortbildungen zu komplexen Schmerzsyndromen, vegetativer Regulation und funktioneller Bewegungstherapie findest du hier:
👉 www.hockenholz.com/weiterbildungen
Du bist selbst betroffen?
Wir begleiten dich – empathisch, evidenzbasiert und individuell. In unserer Praxis in Berlin oder online.