Karpaltunnelsyndrom – gezielt entlasten, sicher greifen
Was Physio- und Ergotherapie beim CTS vor und nach der OP bewirken können
Nächtliches Kribbeln in den Fingern, ein pelziges Gefühl in der Hand, Kraftverlust beim Greifen – das Karpaltunnelsyndrom (CTS) gehört zu den häufigsten Nervenkompressionssyndromen überhaupt. Die Symptome entstehen durch eine Einengung des Nervus medianus im Bereich des Handgelenks.
Viele Beschwerden lassen sich durch gezielte konservative Therapie deutlich lindern – aber auch nach einer Operation spielt die Nachbehandlung durch Physio- und Ergotherapie eine zentrale Rolle für die vollständige Wiederherstellung von Funktion, Kraft und Beweglichkeit.
Was ist das Karpaltunnelsyndrom?
Der Karpaltunnel ist ein enger Kanal zwischen Handwurzelknochen und einem festen Band (Retinaculum flexorum), durch den Sehnen und der Nervus medianus verlaufen. Kommt es zu einer Druckerhöhung – etwa durch Schwellung, Überlastung oder anatomische Engstellen – wird der Nerv gereizt.
Typische Symptome:
· Kribbeln, Taubheitsgefühl oder Brennen in Daumen, Zeige- und Mittelfinger
· nächtliches Einschlafen der Hand mit ziehenden Schmerzen
· Kraftverlust, z. B. beim Greifen, Halten oder Schreiben
· Schwäche in der Daumenballenmuskulatur (bei längerem Verlauf)
Wichtig: CTS ist oft Teil eines komplexeren Belastungsmusters – Nacken, Schulter und Arm sollten mitbeurteilt und ggf. mitbehandelt werden.
Konservative Therapie – entlasten und regulieren
In vielen Fällen kann das Karpaltunnelsyndrom ohne Operation behandelt werden – insbesondere bei leichter bis mittelschwerer Symptomatik oder in der Frühphase.
Ziele der konservativen Behandlung:
· Druck auf den Nerv reduzieren
· Gleitfähigkeit der Nerven verbessern
· Handfunktion erhalten
· Bewegungs- und Belastungsmuster korrigieren
Physiotherapie-Schwerpunkte:
· Neurodynamische Mobilisation des Nervus medianus
· Mobilisation von HWS, BWS und Schultergürtel
· Behandlung myofaszialer Spannungen in Arm und Hand
· Medical Yoga und Atemarbeit zur vegetativen Regulation
Ergotherapie-Schwerpunkte:
· Anpassung belastender Alltagsaktivitäten (z. B. Tippen, Heben, Schreiben)
· Ergonomische Beratung am Arbeitsplatz
· Hilfsmittelversorgung (z. B. Nachtlagerungsschienen)
· Funktionelles Greif- und Handtraining
Operative Therapie – wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen
Bei fortgeschrittenen Verläufen oder anhaltenden Beschwerden trotz konservativer Therapie kann ein operativer Eingriff notwendig werden. Hierbei wird das Retinaculum flexorum durchtrennt, um den Druck auf den Nervus medianus dauerhaft zu senken.
Indikationen für eine Operation:
· anhaltende oder zunehmende Taubheit
· Muskelatrophie im Daumenballen
· keine Besserung nach 3–6 Monaten konservativer Behandlung
· positive elektrophysiologische Befunde (z. B. verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit)
Die Operation ist in der Regel minimalinvasiv, ambulant und komplikationsarm – erfordert jedoch eine gezielte Nachbehandlung für optimale Ergebnisse.
Nachbehandlung nach der OP – Regeneration gezielt begleiten
Nach einer erfolgreichen Operation sind viele Patient*innen schnell schmerzfrei – aber Beweglichkeit, Kraft und Feingefühl müssen oft erst wieder aufgebaut werden. Hier setzen Physio- und Ergotherapie in der Nachsorge gezielt an.
Physiotherapeutische Maßnahmen nach der OP:
· Narbenmobilisation zur Vermeidung von Verklebungen
· Gelenkmobilisation von Handgelenk und Fingern
· Kräftigung der Handmuskulatur und Koordinationstraining
· Schulung eines physiologischen Bewegungsablaufs im gesamten Arm-Schulter-Komplex
Ergotherapeutische Maßnahmen nach der OP:
· Sensibilitätstraining (z. B. bei Taubheitsgefühl oder Reizempfindlichkeit)
· Aufbautraining von Feinmotorik und Schreibfunktion
· Anpassung von Arbeitsabläufen und Bewegungsverhalten
· Anleitung zur Selbstbehandlung im Alltag (z. B. Narbenpflege, Eigenübungen)
Ziel der Nachbehandlung: Wiederherstellung einer schmerzfreien, kraftvollen und alltagstauglichen Handfunktion – inklusive Rückkehr zur Arbeit und Freizeitaktivitäten.
Biopsychosozialer Ansatz – Nervensystem regulieren, Vertrauen aufbauen
Bei Hockenholz betrachten wir das CTS nicht isoliert als „mechanisches Problem“, sondern als Teil eines sensiblen Systems aus Bewegung, Wahrnehmung, Nervensystem und Alltagsbelastung.
Deshalb integrieren wir in unsere Therapie:
· moderne Schmerz- und Nervenerklärung
· Bewusstes Bewegungstraining für Arm, Schulter und Nacken
· Atem- und Achtsamkeitsarbeit zur vegetativen Regulation
· Ressourcenaktivierung und Selbstwirksamkeit
Fazit: Karpaltunnelsyndrom ist behandelbar – mit Fingerspitzengefühl und System
Ob konservativ oder postoperativ: Das Karpaltunnelsyndrom erfordert mehr als eine lokale Behandlung. Mit einem individuellen, funktionellen und ganzheitlichen Ansatz aus Physio- und Ergotherapie lässt sich Handfunktion zurückgewinnen, Schmerz lindern und Belastbarkeit aufbauen – sicher, nachhaltig und alltagsnah.
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Du bist selbst betroffen?
Wir begleiten dich vor und nach der OP – professionell, empathisch und mit einem klaren Ziel: Zurück in einen aktiven, schmerzfreien Alltag.