Schmerz & Trigeminusneuralgie – Wenn der Blitz durchs Gesicht fährt

Trigeminusneuralgie ist eine der schmerzhaftesten Erkrankungen des Menschen – so berichten es Betroffene immer wieder. Wie ein Stromschlag, ein Messerstich oder ein plötzlicher Blitz, der scheinbar grundlos das Gesicht durchfährt. Für Außenstehende kaum nachvollziehbar, für Betroffene oft existenziell belastend.

Die Schmerzanfälle kommen plötzlich, dauern Sekunden bis Minuten, sind scharf, stechend, einschießend – meist einseitig im Bereich von Wange, Oberkiefer, Unterkiefer oder Stirn. Schon kleinste Auslöser wie Wind, Kauen, Zähneputzen oder sogar Sprechen können die Attacken provozieren.

Was bleibt, ist nicht nur Schmerz, sondern oft auch Angst: vor der nächsten Attacke, vor Kontrolleverlust, vor sozialem Rückzug.

Was passiert bei Trigeminusneuralgie?

Die Ursache liegt meist in einer Reizung oder Kompression des Nervus trigeminus, dem fünften Hirnnerv. In vielen Fällen drückt ein Blutgefäß an einer empfindlichen Stelle am Hirnstamm auf den Nerv – manchmal liegen auch Entzündungen, MS, Narben oder idiopathische Prozesse zugrunde.

Die Folge: der Nerv „feuert“ ohne adäquaten Reiz. Es kommt zur sogenannten paroxysmalen Schmerzsymptomatik – das heißt: plötzlich einschießender Schmerz, ohne dass eine äußere Verletzung vorliegt.

Therapie: Wenn jede Berührung zu viel ist

Für uns Therapeut*innen bedeutet Trigeminusneuralgie eine besondere Herausforderung: klassische manuelle Techniken oder Mobilisationen sind in der akuten Phase meist nicht nur wirkungslos, sondern potenziell schädlich.

Und doch können wir viel bewirken – wenn wir das vegetative System in den Blick nehmen, die peripheren Spannungsmuster mit einbeziehen und vor allem: Regulation ermöglichen.

Was hilft?

  • Vagusfreundliche Atem- und Lagerungstechniken, um das System zu beruhigen

  • Faszien- und Muskelspannungsarbeit im Schulter-, Nacken- und Kieferbereich – jedoch immer schmerzfrei und achtsam dosiert

  • Achtsame Kiefer- und Zungenmobilisation, indirekt über Bewegung oder Wahrnehmung

  • Behandlung vegetativer Mitbeteiligung: Herzfrequenz, Atemmuster, viszerale Spannungen

  • Psychosomatische Begleitung: Angst, Schmerzgedächtnis, traumatisierte Körperzonen

Haltung: Sicherheit ist wichtiger als Reiz

Trigeminusneuralgie zwingt uns zur therapeutischen Demut: Wir können nicht „wegbehandeln“, was neurovaskulär getriggert wird. Aber wir können Sicherheit schaffen, Schmerzkontexte entschärfen, und das System in Richtung Ruhe begleiten.

Fazit:
Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung des Nervs – aber auch eine Erkrankung des Vertrauens in den eigenen Körper. Therapie bedeutet hier nicht primär Behandlung, sondern Begleitung, Erdung und Stabilisierung. Das Gesicht mag der Ort des Schmerzes sein – aber die Regulation beginnt tiefer.

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