Chronische Schmerzen – verstehen, begleiten, verändern

Was Physiotherapie und Ergotherapie heute leisten können

Chronische Schmerzen betreffen Millionen Menschen – und doch bleiben sie oft unverstanden. Wenn Schmerzen über Wochen und Monate bestehen, obwohl keine akute Ursache mehr nachweisbar ist, beginnt ein unsichtbarer Kampf: gegen Erschöpfung, Unsicherheit, Rückzug, Ohnmacht. Doch chronische Schmerzen sind kein unabwendbares Schicksal. Vielmehr gibt es heute wirkungsvolle, interdisziplinäre Therapiekonzepte, in denen insbesondere Physio- und Ergotherapie zentrale Rollen spielen.

Wann spricht man von chronischem Schmerz?

Von chronischem Schmerz spricht man, wenn Schmerzen länger als drei Monate andauern oder über den normalen Heilungsverlauf hinaus bestehen – und damit eigenständig zum Krankheitsbild werden. Häufig treten sie auf in Verbindung mit:

  • Rückenschmerzen

  • Gelenkerkrankungen (z. B. Arthrose)

  • Fibromyalgie oder Rheuma

  • Neuropathischen Schmerzen

  • Migräne oder Spannungskopfschmerz

  • Long COVID, Endometriose oder Tumorerkrankungen

Wichtig: Chronische Schmerzen sind nicht eingebildet – sondern das Ergebnis komplexer neurophysiologischer Veränderungen. Häufig liegt eine sogenannte zentrale Sensibilisierung vor: Das Nervensystem reagiert überempfindlich, Schmerzreize werden verstärkt wahrgenommen, selbst harmlose Reize können als schmerzhaft empfunden werden (Allodynie).

Schmerz ist nicht gleich Schaden – das neue Schmerzverständnis

Die moderne Schmerzforschung zeigt: Chronische Schmerzen sind nicht nur ein Signal für Gewebeschaden, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Körper, Nervensystem, Psyche und Umwelt. Sie entstehen durch:

  • überaktive Nervenzellen im Rückenmark und Gehirn

  • gestörte Schmerzhemmung

  • Stress, Angst, emotionale Belastung

  • Bewegungsmangel, Schonverhalten, Isolation

Deshalb braucht chronischer Schmerz kein Schmerzmittel – sondern ein umfassendes Behandlungskonzept.

Physiotherapie bei chronischen Schmerzen – Bewegung als Botschaft ans Nervensystem

Physiotherapie ist heute viel mehr als manuelle Behandlung. Sie ist ein Schlüssel zur aktiven Schmerzregulation – durch gezielte Bewegung, vegetative Beruhigung und Aufbau von Körpervertrauen.

Therapeutische Schwerpunkte:

  • graduelle Belastungssteigerung – angepasst an den individuellen Zustand

  • Bewegungstraining trotz Schmerz – ohne Überforderung

  • Atem-, Entspannungs- und Regulationstechniken

  • Schulung von Körperwahrnehmung und Bewegungsqualität

  • Medical Yoga und sensomotorische Strategien zur Selbstregulation

Prinzip: Bewegung ist kein Risiko – sondern der Weg zurück in die Handlungsfähigkeit.

Ergotherapie – den Alltag zurückgewinnen

Chronische Schmerzen beeinflussen nicht nur den Körper – sondern den gesamten Alltag. Viele Menschen verlieren ihre berufliche Rolle, ihren sozialen Anschluss und ihre Lebensstruktur. Hier setzt die Ergotherapie an.

Ergotherapeutische Ansätze:

  • Pacing und Energiemanagement – wie viel Aktivität ist möglich?

  • Anpassung von Alltag und Umwelt (z. B. ergonomisch, stressreduzierend)

  • Training von Alltagskompetenzen trotz Fatigue, Schmerzen oder Reizüberflutung

  • Zielarbeit und Ressourcenaktivierung – was tut gut, was gibt Kraft?

  • Kreative oder körpernahe Methoden zur Förderung von Ausdruck und Selbstwahrnehmung

Ziel: Mehr Lebensqualität durch Alltagserfolg – nicht durch „Heilung“, sondern durch Anpassung und Entwicklung.

Biopsychosoziales Modell – den ganzen Menschen sehen

Bei Hockenholz verstehen wir chronischen Schmerz als multifaktorielles Phänomen. Unsere Arbeit basiert auf dem biopsychosozialen Modell: Wir betrachten nicht nur die Schmerzen – sondern auch die Geschichte, das Umfeld, die Belastungen und Stärken jedes einzelnen Menschen.

Unser Ansatz umfasst:

  • Schmerzaufklärung: Wie entsteht Schmerz? Wie kann man ihn beeinflussen?

  • Körperarbeit & Bewegung: sensibel, individuell, wirksam

  • Vegetative Regulation: Atem, Entspannung, Rhythmus

  • Stärkung von Selbstwirksamkeit und Autonomie

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärztinnen, Psychologinnen, Therapeut*innen

Fazit: Chronische Schmerzen sind behandelbar – wenn wir neu denken

Chronischer Schmerz ist real, komplex – und beeinflusst das Leben tiefgreifend. Doch er ist nicht gleichbedeutend mit Stillstand oder Hilflosigkeit. Mit einem professionellen, empathischen und evidenzbasierten Therapieansatz kann es gelingen, Schmerzen zu regulieren, Lebensqualität zurückzugewinnen – und wieder in Bewegung zu kommen. Der Schlüssel: Verstehen, Begleiten, Verändern.

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