Multiple Sklerose – leben mit einem Nervensystem im Wandel

Taubheitsgefühle, Sehstörungen, unsicherer Gang. Dann wieder Tage ohne Symptome – und plötzlich doch ein neuer Schub. Die Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung, die irritiert, erschreckt und verändert. Sie ist nicht immer sichtbar – aber tiefgreifend spürbar. Für viele Betroffene beginnt mit der Diagnose eine Reise ins Ungewisse: mit Fragen, Ängsten und Hoffnungen.

Doch MS ist kein Grund, sich dem Verlauf hilflos zu überlassen. Vielmehr braucht sie Verständnis, Bewegung – und eine Therapie, die nicht nur den Körper, sondern den ganzen Menschen im Blick hat.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Das Immunsystem greift körpereigene Strukturen an – insbesondere die Myelinscheiden, die die Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark umhüllen. Dadurch kommt es zu Entzündungen, Vernarbungen (Sklerosen) und in der Folge zu Störungen in der Reizweiterleitung.

Die Verlaufsformen sind individuell sehr unterschiedlich:

  • Schubförmig remittierend (häufigste Form)

  • Sekundär progredient

  • Primär progredient

Typische Symptome:

  • Sehstörungen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen

  • Missempfindungen, Taubheit, Kribbeln

  • Spastik, Muskelschwäche, Koordinationsprobleme

  • Blasen- und Darmfunktionsstörungen

  • Fatigue und kognitive Einschränkungen

Die MS verläuft in Phasen – aber sie ist keine Einbahnstraße.

Warum MS nicht nur eine neurologische Erkrankung ist

MS betrifft nicht nur die Nervenbahnen – sie betrifft das Leben. Sie verändert Körpergefühl, Selbstbild, Bewegungsfreiheit und Alltagsstrukturen.

Was MS so herausfordernd macht:

  • Unvorhersehbarkeit von Schüben und Symptomen

  • Unsicherheit im Umgang mit Bewegung und Belastung

  • Erschöpfung trotz Ruhe – sogenannte Fatigue

  • Angst vor Kontrollverlust und Abhängigkeit

Gerade deshalb braucht es eine therapeutische Haltung, die Sicherheit, Handlungsspielraum und Vertrauen in den eigenen Körper stärkt.

Physiotherapie – wenn Bewegung zur Stabilisierung wird

In der Physiotherapie bei MS geht es nicht um „Reparatur“, sondern um Stabilisierung, Regulation und Selbstermächtigung. Ziel ist es, die individuelle Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer zu erhalten – oder neu zu gestalten.

Therapeutische Schwerpunkte:

  • Mobilisation & Kräftigung, angepasst an den Schweregrad

  • Gang- und Gleichgewichtstraining

  • Koordinationsübungen & sensomotorisches Training

  • Atem- & Entspannungstechniken zur vegetativen Regulation

  • Medical Yoga & Neurotraining, um Körperwahrnehmung und Selbstwirksamkeit zu fördern

Ziel: Fähigkeiten erhalten, kompensieren und gezielt fördern – mit Achtsamkeit für Grenzen und Potenziale.

Ergotherapie – Alltag gestalten trotz MS

Multiple Sklerose betrifft auch die kleinen, oft übersehenen Alltagsverrichtungen: Zähneputzen, Schreiben, Kochen, Arbeiten. Ergotherapie begleitet Menschen mit MS dabei, diese alltäglichen Herausforderungen lebensnah, kreativ und lösungsorientiert zu bewältigen.

Ergotherapeutische Ansätze:

  • Pacing und Energiemanagement – insbesondere bei Fatigue

  • Hilfsmittelberatung & Umweltanpassung – für mehr Selbstständigkeit

  • Feinmotorisches Training bei Einschränkungen von Hand- oder Armfunktion

  • Kognitives Training zur Unterstützung von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Planung

  • Selbstwahrnehmung, Zielarbeit & psychosoziale Stabilisierung

Ziel: Handlungsfähigkeit stärken, Selbstvertrauen fördern – trotz wechselnder Symptome.

Der Mensch im Mittelpunkt – nicht nur der Verlauf

Bei Hockenholz begleiten wir Menschen mit MS nicht symptomzentriert, sondern menschenzentriert. Unser biopsychosoziales Verständnis bedeutet:

  • Beziehung vor Technik – denn Vertrauen heilt mit

  • Körperarbeit als Ressource – nicht als Korrektur

  • Gemeinsame Zielentwicklung – statt Therapie nach Schema F

Wir sehen den Menschen mit MS als handelndes Wesen – mit Mut, Unsicherheit, innerer Stärke und Veränderungsfähigkeit.

Fazit: Multiple Sklerose – beweglich bleiben im Kopf und im Körper

MS ist nicht kalkulierbar – aber sie ist begleitbar. Mit einer Therapie, die auf Augenhöhe statt von oben herab agiert. Mit Bewegung, die stärkt statt überfordert. Und mit einem Verständnis, das nicht nur auf den neurologischen Befund blickt, sondern auf das Leben, das dahinter steht.

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