Medical Yoga bei Multipler Sklerose
Bewegung als Anker – Stabilität, Spüren und Selbstwirksamkeit bei MS
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems – unvorhersehbar, vielgestaltig, lebensverändernd. Für viele Betroffene bedeutet MS ein Leben mit Schwankungen: mal Kraft, mal Erschöpfung. Mal Beweglichkeit, mal Unsicherheit.
Medical Yoga bietet in diesem dynamischen Spannungsfeld eine stabilisierende, nervensystemfreundliche und anpassbare Praxis, die nicht auf Leistung zielt, sondern auf Verbindung – mit dem Körper, dem Atem und dem Vertrauen in sich selbst.
Was ist Multiple Sklerose?
MS ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Myelinscheiden der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark angreift. Die Folge: gestörte Reizweiterleitung, die sich in ganz unterschiedlichen Symptomen äußern kann, z. B.:
Muskelschwäche oder Spastik
Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsprobleme
Fatigue (chronische Erschöpfung)
Sensibilitätsstörungen, Kribbeln, Taubheit
Schmerzen, Blasen-/Darmstörungen
kognitive oder emotionale Symptome
MS verläuft in Schüben oder chronisch-progredient – oft mit Phasen der Stabilität dazwischen. Genau hier kann Medical Yoga unterstützen.
Was ist Medical Yoga?
Medical Yoga verbindet klassische Yogaelemente mit evidenzbasierter Bewegungstherapie, neurophysiologischen Prinzipien und achtsamkeitsbasierter Körperarbeit. Es richtet sich nicht nach Form oder Fitness, sondern nach Funktion, Sicherheit und Präsenz.
Für Menschen mit MS bedeutet das:
Bewegung in ihrer individuellen Möglichkeit
bewusstes Spüren und Zentrieren
vegetative Regulation bei innerer Unruhe
Förderung von neuroplastischen Prozessen
Stärkung von Selbstwirksamkeit trotz Unsicherheiten
Wie hilft Medical Yoga bei MS?
1. Atemarbeit zur vegetativen Stabilisierung
MS ist oft mit vegetativer Dysregulation, innerer Unruhe oder Fatigue verbunden. Der Atem wird zum Werkzeug für innere Balance:
sanfte Atemwellen im Liegen oder Sitzen
verlängerte Ausatmung zur Vagus-Stimulation
Summen, Kehlatem oder geführte Atemräume
Atempausen zur Verbesserung der Reizverarbeitung
2. Bewegung mit Wahrnehmung – nicht gegen den Körper
Statt anstrengender Dehnungen oder Kraftübungen steht im Fokus: Wie kann ich mich heute sicher bewegen? Medical Yoga nutzt:
achtsame, gelenkschonende Mobilisationen
Halteübungen zur Tiefenstabilisation (z. B. Vierfüßler, Stuhlübungen)
Übungsreihen für Gleichgewicht, Koordination und Körpermitte
Sequenzen mit Hilfsmitteln (z. B. Wand, Gurt, Blöcke, Stuhl)
3. Stärkung der Propriozeption und sensomotorischen Integration
Viele MS-Betroffene verlieren das feine Spüren der Gelenkposition. Medical Yoga trainiert diese Wahrnehmung durch:
Bewegungsflüsse mit geschlossenen Augen
bewusste Gewichtsverlagerungen (z. B. im Sitzen oder Stehen)
Übungen zur Koordination von Arm und Bein
Integration von Hand-Fuß-Koordination im Atemrhythmus
4. Fatigue-gerechtes Üben
Fatigue ist mehr als Müdigkeit – sie ist Erschöpfung auf Zellebene. Medical Yoga bietet:
kurze, wirksame Übungssequenzen (10–15 Minuten)
restorative Haltungen mit Atemfokus
Spüren der Energie statt „Trainieren gegen den Körper“
Bewusstsein für Pausen und Grenzen
Für wen ist Medical Yoga bei MS geeignet?
Menschen mit schubförmiger oder chronisch-progredienter MS
Betroffene mit Koordinations-, Spastik- oder Sensibilitätsproblemen
Menschen mit Fatigue oder vegetativer Überlastung
als Ergänzung zur Physio-/Ergotherapie oder medizinischen Betreuung
für Therapeut*innen, die körperzentrierte Arbeit in der MS-Begleitung integrieren möchten
Fazit: In Verbindung bleiben – trotz Unsicherheit
Medical Yoga bei MS bedeutet: nicht gegen den Körper arbeiten, sondern mit ihm.
Es ist ein stiller, selbstwirksamer Weg, sich jeden Tag aufs Neue zu spüren – in Beweglichkeit oder Begrenzung, in Kraft oder Ruhe. Und darin liegt eine große Kraft: die Fähigkeit, trotz MS in Verbindung zu bleiben – mit sich selbst, mit dem Leben, mit dem Atem.
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