Yoga und Endometriose – Raum schaffen für einen schmerzgeplagten Körper
Ein Blogartikel für Therapeut*innen, Yogalehrende und Menschen mit chronischen Unterleibsschmerzen
Von Florian Hockenholz, Physiotherapeut, Osteopath & Yogalehrer
Endometriose ist eine Erkrankung, die viel mehr ist als „etwas Bauchweh während der Periode“. Sie betrifft das Immunsystem, den Hormonhaushalt, das Nervensystem – und vor allem: das Erleben von Körper, Schmerz, Identität und Grenzen.
Viele Betroffene berichten von jahrelanger Odyssee bis zur Diagnose, von anhaltenden Schmerzen, Erschöpfung und dem Gefühl, dem eigenen Körper nicht mehr vertrauen zu können.
Yoga kann hier eine stille, aber kraftvolle Antwort sein. Kein Allheilmittel – aber ein Zugang. Ein Raum, in dem Körper wieder als Verbündeter erlebt werden darf.
Was macht Endometriose so komplex?
Endometriose ist eine chronisch-entzündliche, östrogenabhängige Erkrankung, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst – z. B. an Eierstöcken, im Beckenraum, an Darm, Blase oder sogar Zwerchfell.
Was viele nicht wissen: Der Schmerz ist nicht nur mechanisch oder entzündlich, sondern oft neuropathisch (durch Nervenreizung), zentralisiert (Schmerzgedächtnis), vegetativ beeinflusst (Dysregulation) – und immer emotional verknüpft.
Betroffene leiden häufig unter:
chronischen Unterbauch-, Rücken- oder Beinschmerzen
Verdauungsbeschwerden, Blasenreizungen, Dyspareunie (Schmerzen beim Sex)
Fatigue, Schlafstörungen, innerer Unruhe
dem Gefühl, im eigenen Körper nicht mehr „zu Hause“ zu sein
Was Yoga hier leisten kann
Yoga bedeutet im ursprünglichen Sinn: Verbindung.
Und genau das brauchen viele Betroffene – Verbindung mit einem Körper, der nicht mehr als sicher erlebt wird.
🌬 Atem & vegetative Regulation
Sanfte Atembeobachtung → Parasympathikus aktivieren
Zwerchfellmobilisation → Entlastung im Bauchraum, Beruhigung der Organspannung
Atem als innere Berührung – nicht als Kontrolle
🧘 Bewegung & Körperkontakt
Fließende, schmerzfreie Bewegung → Beckenmobilität, Lendenwirbelsäule, Hüfte
Übungen in Seitenlage, Vierfüßlerstand oder Rückenlage → Sicherheit & Erdung
Asanas wie Supta Baddha Konasana, Katze-Kuh, Apanasana → Raum für Bauch & Becken
🧠 Wahrnehmung & Selbstwirksamkeit
Spüren statt bewerten: „Wie fühlt sich mein Becken heute an?“
Achtsame Sequenzen → nicht gegen den Schmerz, sondern mit dem Körper
Wiederholte Praxis → Selbstwirksamkeit, Stabilität, innerer Halt
Was Yoga nicht sein sollte
❌ Kein „Durchhalten gegen den Schmerz“
❌ Keine dogmatischen Ausrichtungen („nur das hilft“)
❌ Keine spirituelle Überforderung
❌ Keine Haltungskorrektur um jeden Preis
Stattdessen:
✅ Angebote, keine Anforderungen
✅ Atmung als Rückverbindung, nicht als Technik
✅ Bewegung als Einladung, nicht als Ziel
✅ Körper als Erfahrungsraum – nicht als Feind
Für wen ist Yoga bei Endometriose geeignet?
Für alle, die chronische Schmerzen im Beckenraum erleben
Für Patient*innen mit diagnostizierter Endometriose oder Verdacht darauf
Für Menschen, die mit Hormonschwankungen, PMS oder Zyklusbeschwerden zu tun haben
Für Therapeut*innen, die lernen wollen, wie man achtsame Bewegung in die Begleitung integrieren kann
Fazit
Yoga bei Endometriose ist kein Rezept, sondern ein Prozess.
Ein Weg, in kleinen Schritten zurückzukehren – in einen Körper, der sich fremd angefühlt hat.
Ein Weg, Selbstregulation zu fördern, Schmerzen zu verstehen, Atem wieder fließen zu lassen.
Und manchmal ist genau das der Anfang von Veränderung.
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