Yoga bei Schwindel
Stabilität finden, wenn alles sich dreht
Schwindel gehört zu den häufigsten Beschwerden in der ärztlichen und therapeutischen Praxis – und gleichzeitig zu den diffusesten. Für Betroffene ist er oft beängstigend: Der Boden scheint zu schwanken, der Kopf wird „leer“, der Körper fühlt sich nicht mehr verlässlich an. Yoga kann hier eine überraschend wirkungsvolle Rolle spielen – nicht als Gleichgewichtstraining im sportlichen Sinn, sondern als sanfter Weg zu mehr innerer und äußerer Stabilität.
Was ist Schwindel überhaupt?
Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, das aus ganz unterschiedlichen Ursachen entstehen kann:
Vestibulär (Gleichgewichtsorgan im Innenohr) – z. B. gutartiger Lagerungsschwindel, Menière-Erkrankung
Kreislaufbedingt – z. B. bei niedrigem Blutdruck, Orthostase
Neurologisch oder muskulär – z. B. bei Blockaden in der HWS
Psychovegetativ – z. B. bei Angst, Panik oder chronischem Stress
Gerade letzteres ist oft entscheidend: Viele Patient*innen berichten, dass ihr Schwindel vor allem in emotionalen Belastungssituationen auftritt – also dann, wenn das vegetative Nervensystem im Alarmzustand ist.
Wie kann Yoga bei Schwindel helfen?
Yoga stärkt auf mehreren Ebenen:
die Körperwahrnehmung (Propriozeption)
das Gleichgewichtssystem (vestibuläre Integration)
die Regulation des autonomen Nervensystems
und das Vertrauen in den eigenen Körper
Nicht jeder Schwindel lässt sich mit Yoga „wegtrainieren“ – aber viele Formen lassen sich positiv beeinflussen, indem man Vermeidung durch achtsame Bewegung ersetzt, den Atem reguliert und das Selbstwirksamkeitserleben stärkt.
Was ist wichtig bei der Yogapraxis mit Schwindel?
1. Bodennahe, sichere Positionen
Beginn im Sitzen oder Liegen
ruhige Übergänge, kein ruckartiges Aufrichten
Vermeidung von Überkopfhaltungen oder Drehungen zu Beginn
2. Atemwahrnehmung statt Atemkontrolle
Einfache Atembeobachtung
Verlängerte Ausatmung (z. B. 4–6 Atemrhythmus)
Summatmung oder sanftes Ujjayi zur Beruhigung
3. Körperzentrierung & Erdung
Bodyscan, achtsames Stehen („Tadasana mit innerer Ausrichtung“)
Übungen mit geschlossenen Augen vorsichtig dosieren
Balancetraining mit Wand oder Partnerhilfe
4. Vegetative Regulation & Stressreduktion
Yoga Nidra, restorative Sequenzen, ruhige Musik
Integration des Themas „Sicherheit im Körper“
Vagus-aktivierende Übungen (z. B. sanftes Summen, Augenbewegungen)
Psychosomatischer Blick: Schwindel als Ausdruck innerer Unsicherheit
Bei vielen Klient*innen mit chronischem Schwindel liegt kein eindeutiger medizinischer Befund vor – stattdessen finden sich Hinweise auf Dauerstress, unbewusste Ängste oder emotionale Überforderung. Yoga kann hier als körperbasierte Ressource dienen:
Ich muss meinen Schwindel nicht wegdrücken – ich darf lernen, mich wieder sicher zu fühlen.
Fazit: Stabilität beginnt innen
Yoga bei Schwindel bedeutet nicht, besonders sportlich oder beweglich zu sein. Es bedeutet, den eigenen Körper wieder als Verbündeten zu erleben, der Orientierung und Sicherheit geben kann – selbst wenn im Außen alles unsicher scheint.
Weiterbildungstipp:
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